Monday, January 05, 2015

Anthony Giddens on Ulrich Beck (1944-2015)

Anthony Giddens pays a tribute to Ulrich Beck (1944-2015) in "Süddeutsche Zeitung" (January 5, 2014):

"Außerordentliches Gespür für die Zukunft
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Excerpts

"Ulrich Beck war der größte Soziologe seiner Generation. Weit über die akademische Gemeinde hinaus stießen seine Werke auf ein breites Echo in der ganzen Welt. Heute führt jeder die "Globalisierung" im Mund, doch als Beck sie als einer der ersten zum Thema machte, in den Achtzigerjahren, war der Begriff noch völlig unvertraut und wurde von vielen als bedeutungsleer abgetan. So wie er ihn verstand und handhabte, meint Globalisierung weniger die Ausdehnung des Marktes als vielmehr die wachsende Verflechtung der Weltgesellschaft. [.....]

In seinen Augen werden die europäischen Länder zum Spielball der Globalisierung, wenn sie nicht gemeinsam Einfluss auf das Weltgeschehen nehmen. Europa muss ein transnationales Projektwerden, nicht eine bloße Ansammlung von Ländern, die sich nur um sich selbst drehen. [.....] Von der Stabilisierung des Euro sind wir weit entfernt, schon weil Deutschland nicht die notwendige Bedingung dafür zulasst, nämlich eine stärkere fiskalische und ökonomische Integration der Eurozone. Stattdessen wird den südlichen Ländern die Austerity-Politik auferlegt, ohne dass auch nur der Anschein demokratischer Zustimmung gewahrt wird. Im Ergebnis kollabiert in diesen Ländern das politische Zentrum noch schneller als in anderen Staaten. Beck fordert darum einen neuen "Sozialvertrag" für Europa. [.....]

Wenn das den Anschein erweckt, Ulrich Beck sei ein Scharfmacher, so täuscht es vollkommen. Ulrich Beck war ein hingebungsvoller und gewissenhafter Gelehrter, gesegnet mit einem enzyklopädischen Wissen der Sozialwissenschaften. Doch so herausragend er war, so wohltuend bescheiden und zugänglich blieb er, höchst popular bei seinen Studenten. Immer wieder stichelte ich und neckte ihn,weil er nie wirklich den britischen Sinn für Humor mit der typischen Mischung aus Selbstironie und dünkelhafter Überlegenheit beherrschte. Doch ziemlich oft war ich derjenige, der am Ende tölpelhaft dastand. Wenn es ihm passte, konnte er einen locker auflaufen lassen.

Er war in der Tat ein Geschöpf der Welt, die er so präzise in seinen Schriften porträtiert hat. Fur die längste Zeit seiner Karriere als Professor in München zu Hause, aber ein eingefleischter Reisender, der in unzähligen akademischen Institutionen rund um die Welt lehrte, ganz abgesehen von seinen seit Jahren zusätzlich wahrgenommenen Gastprofessuren in London und Paris. Seine Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt, seine Beiträge in Pressemedien in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den USA sind so unübersehbar wie wirkungsvoll. Grenzüberschreitung war seine Lebenspraxis und sein Metier."


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